§ 9a SGB VIII - Landesrechtliche Regelungen

[Die Informationen auf dieser Seite wurden zuletzt aktualisiert am 03.07.2024]

Im Juni 2021 wurde erstmals gesetzlich festgeschrieben, dass sich junge Menschen und Familien bei Konflikten mit der Jugendhilfe an Ombudsstellen wenden können sollen:

§ 9a SGB VIII – Ombudsstellen

In den Ländern wird sichergestellt, dass sich junge Menschen und ihre Familien zur Beratung in sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 und deren Wahrnehmung durch die öffentliche und freie Jugendhilfe an eine Ombudsstelle wenden können. Die hierzu dem Bedarf von jungen Menschen und ihren Familien entsprechend errichteten Ombudsstellen arbeiten unabhängig und sind fachlich nicht weisungsgebunden. § 17 Absatz 1 bis 2a des Ersten Buches gilt für die Beratung sowie die Vermittlung und Klärung von Konflikten durch die Ombudsstellen entsprechend. Das Nähere regelt das Landesrecht.

§ 9a SGB VIII gibt vor, dass die Länder für die bedarfsgerechte Einrichtung von unabhängigen Ombudsstellen verantwortlich sind. In einigen Bundesländern sind infolgedessen bereits landesgesetzliche Regelungen verabschiedet worden bzw. in Kraft getreten. Nachfolgend sind die verabschiedeten Landesausführungsgesetze gelistet (vgl. Beitrag im JAmt 06/2024 "Umsetzungsstand zur Ausgestaltung von § 9a SGB VIII "Ombudsstellen" in den Ländern"):

Berlin

Im August 2021 wurde § 5a im Berliner Familienfördergesetz eingefügt (Drs. 18/3610). Dieser gibt im Wesentlichen § 9a SGB VIII wider und regelt, dass das Land Berlin ein gesamtstädtisches Angebot finanzieren wird.

Im Dezember 2022 gab es ein jugendhilfespezifisches Interessenbekundungsverfahren für die Weiterentwicklung einer unabhängigen Anlauf- und Beratungsstelle bzw. Ombudsstelle im Sinne des § 9a SGB VIII für junge Menschen aus den stationären und ambulanten Hilfen zur Erziehung gem. SGB VIII. Im Zuge des Verfahrens wurde die bereits seit 2002 bestehende Ombudsstelle Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe (BRJ) e.V. ausgewählt. Der BRJ hat zum 01.01.23 die Arbeit im Rahmen dieser Förderung aufgenommen.

Im Februar 2023 lief ein weiteres jugendhilfespezifisches Interessenbekundungsverfahren für die Einrichtung einer unabhängigen Anlauf- und Beratungsstelle bzw. Ombudsstelle im Sinne des § 9a SGB VIII für junge Menschen aus den stationären und ambulanten Hilfen zur Erziehung gem. SGB VIII und Eingliederungshilfe gem. SGB IX.

Bremen

Zum 01.01.2023 ist in Bremen eine geänderte Fassung des Landesausführungsgesetzes zum SGB VIII in Kraft getreten. Das Gesetz trifft auch Regelungen zu Ombudschaft (§ 8a BremAGKJHG): Es sieht jeweils einen Standort in der Stadtgemeinde Bremen und in der Stadtgemeinde Bremerhaven vor. Das ausführliche Rahmenkonzept beinhaltet u.a. eine Verknüpfung der ombudschaftlichen Tätigkeit nach § 9a SGB VIII mit dem § 45 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII sowie dem § 37b SGB VIII.

Im Zuge eines Interessenbekundungsverfahrens konnte sich das Konzept des seit fast 10 Jahren ombudschaftlich beratend tätigen Bremer Beratungsbüro für Erziehungshilfen (BeBeE) durchsetzen und zum 01.04.23 die Arbeit nach § 8a BremAGKJHG mit nun zwei Standorten (Bremen und Bremerhaven) aufnehmen. Das BeBeE befindet sich in Trägerschaft des Paritätischen Landesverbands Bremen und ist Mitglied im Bundesnetzwerk Ombudschaft.

Mecklenburg-Vorpommern

Zum 02.04.2024 ist das Kinder- und Jugendbeteiligungsgesetz (KiJuBG M-V) in Kraft getreten. Es beinhaltet in § 6 KiJuBG M-V die Förderung von Ombudsstellen im Sinne des § 9a SGB VIII durch das Land. Des Weiteren ist unter anderem festgelegt, dass Ombudsstellen entsprechend der fachlich anerkannten Standards (insbesondere unabhängig und fachlich nicht weisungsgebunden) arbeiten, ein niedrigschwelliger und barrierearmer Zugang zu den Ombudsstellen besteht und die in den Ombudsstellen tätigen Personen fortlaufend qualifiziert werden. Weiterhin wird das Ministerium ermächtigt, Näheres zur Ausgestaltung der ombudschaftlichen Strukturen durch Rechtsverordnung zu regeln.

Niedersachsen

Am 23.03.2022 wurde das Niedersächsische Gesetz zur Ausführung des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs und zur Niedersächsischen Kinder- und Jugendkommission um §§ 16e, 16f und 16g ergänzt. Das Gesetz sieht vor, dass vier regionale Ombudsstellen entsprechend festgelegter Versorgungsbereiche sowie eine überregionale Ombudsstelle durch den überörtlichen Träger gefördert werden, und enthält weitere konkretisierende Regelungen: Beispielsweise muss gewährleistet sein, dass die Ombudsstellen im Sinne des § 9a SGB VIII und entsprechend dem fachlich anerkannten Standard (insbesondere unabhängig) arbeiten sowie ein niedrigschwelliger Zugang zu den Ombudsstellen besteht. Die überregionale Ombudsstelle muss zudem Qualitätsstandards, Qualifizierungsangebote und Beratung der in den Ombudsstellen tätigen Fachkräfte bereitstellen. Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe sind u.a. verpflichtet, den Ombudsstellen unter Beachtung des Datenschutzes Auskunft zu erteilen. Die Wirkungen der gesetzlichen Regelungen und die Frage, ob Anzahl und Ausstattung der Ombudsstellen bedarfsgerecht sind, werden im Rahmen einer Evaluation untersucht.

Konkretisiert wird dieses Gesetz durch die Niedersächsische Verordnung über die Förderung von Ombudsstellen nach § 9 a des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs, die am 19.01.23 in Kraft getreten ist.

Saarland

Am 16.03.23 wurde im Saarland das Gesetz Nr. 2097 zur Änderung des Ersten Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Amtsblatt des Saarlandes (Amtsbl. I S. 236) verkündet. Dem bestehenden Ausführungsgesetz zur Kinder- und Jugendhilfe im Saarland wurde hiermit ein 9. Abschnitt „Ombudsstelle in der Kinder- und Jugendhilfe im Saarland“ (§§ 39-41) hinzugefügt.

Die unabhängige und fachlich nicht weisungsgebundene Ombudsstelle soll laut Gesetz durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit errichtet werden. Ferner werden durch das Gesetz die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe zur Unterstützung der Aufgabenerfüllung der Ombudsstelle verpflichtet und müssen unter bestimmten Voraussetzungen Akteneinsicht gewähren, wenn keine berechtigten Interessen anderer Personen dagegensprechen.

Ebenfalls ist geregelt, dass das Ministerium mittels einer Rechtsverordnung die im Gesetz getroffenen Regelungen zu Errichtung, Struktur, Aufgabenwahrnehmung, Evaluation der Arbeit der Ombudsstelle sowie Fort- und Weiterbildung der in der Ombudsstelle tätigen Personen konkretisieren kann. Davon wurde durch das im Dezember 2023 in Kraft getretenen Saarländische Kinderschutzgesetz (SKG) Gebrauch gemacht.  § 3 SKG enthält Ausführungen zu Aufgabenwahrnehmung, Unabhängigkeit und Zielgruppe der Ombudsstelle und legt fest, dass diese gemeinsam mit dem Kinderschutzbeauftragten des Saarlandes das Kompetenzzentrum Kinderschutz bildet.

Sachsen

Der sächsische Landtag hat am 13.06.2024  das "Dritte Gesetz zur Änderung des Landesjugendhilfegesetzes" verabschiedet, welches zum 01.07.2024 in Kraft getreten ist. Das Gesetz regelt in §§ 19a f. u.a. die Finanzierung der Ombudsstellen und deren Voraussetzungen, wie ein Konzept zur Arbeitsweise nach fachlich anerkannten Standards, einer unabhängigen und fachlich nicht weisungsgebundenen Arbeit und Qualifizierung des Personals und seiner fachlichen Eignung (§ 19a Abs. 3). Mehr Informationen können der Pressemitteilung des Sächsischen Sozialministeriums entnommen werden.

Thüringen

Im Juni 2024 konnte das "Siebte Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes" vom Thüringer Landtag verabschiedet werden, durch das die ombudschaftlichen Strukturen in Thüringen sichergestellt werden sollen. In § 24a ThürKJHAG ist u.a. die Einrichtung von "mindestens zwei Regionalstellen" vorgesehen, § 15 enthält die Verpflichtung, in Hilfeplangesprächen auf die Möglichkeit einer ombudschaftlichen Beratung hinzuweisen. Im Gesetzgebungsverfahren waren Verbände zur Stellungnahme aufgefordert - die Einschätzungen aus dem Beteiligungsprozess können hier nachgeselen werden. Auch das BNO hat zu diesem Gesetzentwurf eine Stellungnahme veröffentlicht.

Gesetzentwürfe zu landesrechtlichen Regelungen

In weiteren Bundesländern sind Gesetzentwürfe zu landesrechtlichen Regelungen zum § 9a SGB VIII veröffentlicht worden:

Baden-Württemberg

Im Rahmen des Novellierungsprozesses des LKJHG (Kinder- und Jugendhilfegesetz für Baden-Württemberg) fand am 14.03.2023 die Auftaktsitzung der Unterarbeitsgruppe "Ombudschaft" im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg statt.

Brandenburg

Die Landesregierung hat am 05.03.2024 das "Gesetz zum Schutz und zur Förderung junger Menschen" im Kabinett beschlossen. In §§ 42 ff. ist die Einrichtung und Ausgestaltung der ombudschaftlichen Strukturen geregelt. Geregelt ist neben der bedarfsgerechten Einrichtung von Ombudsstellen durch den überörtlichen Träger insb. die Verpflichtung der Träger der Jugendhilfe, auf die Möglichkeit der ombudschaftlichen Beratung für junge Menschen und ihre Familien hinzuweisen (§ 43 Abs. 4); der Anspruch von jungen Menschen und ihren Familien auf Beratung, Vermittlung und Klärung durch eine Ombudsstelle (§ 44 Abs. 2) sowie die Finanzierung der Ombudsstellen entsprechend § 135 Abs. 6 (Finanzierung von Fachstellen entsprechend § 77 SGB VIII). Das Bundesnetzwerk Ombudschaft hatte sich in einer Stellungnahme ausführlich zum vorherigen Gesetzentwurf geäußert.

Nordrhein-Westfalen

Am 22.03.2024 hat das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen den Entwurf eines „Gesetz(es) zur Änderung nordrhein-westfälischer Ausführungsgesetze zum SGB VIII“ veröffentlicht und die Verbändeanhörung eingeleitet.

Die Ombudschaft Jugendhilfe NRW e. V. hat im Zuge der schriftlichen Anhörung von Verbänden zum Gesetzentwurf Stellung bezogen. In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf wird insbesondere und ausführlich auf den neuen § 24 "Ombudsstellen" eingegangen.