Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe e.V.
Newsletter Januar 2024
  • Stellungnahme des BNO zum Entwurf des Brandenburgischen Kinder- und Jugendgesetzes (BbgKJG)
  • Presseerklärung zur Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten
  • Fachartikel zu rechtswidrig befristeter Hilfeplanung (JAmt 12/2023)
  • Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft veröffentlicht Hinweise zum Reformbedarf im Vormundschaftsrecht
  • Abschlussveranstaltung zum Beteiligungsprozess „Gemeinsam zum Ziel – Wir gestalten die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“
  • Reaktionen auf das Urteil des VG Cottbus zur Haasenburg-Schließung
  • Evaluation und Bericht der Bundesregierung zu § 1631b Abs. 2 BGB (Genehmigungsvorbehalt bei freiheitsentziehenden Maßnahmen)
  • Fallstudie "Sexueller Kindesmissbrauch und die Arbeit der Jugendämter "
  • Veranstaltungshinweise

Liebe Kolleg*innen und Mitstreiter*innen, sehr geehrte Interessierte,

mit diesem Newsletter senden wir Ihnen anlassbezogen Informationen, Veranstaltungshinweise und Materialien zum Themenfeld Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe und angrenzenden Diskursen.

Mit herzlichen Grüßen
das Team der Bundeskoordinierungsstelle Ombudschaft in der Jugendhilfe

Stellungnahme des BNO zum Entwurf des Brandenburgischen Kinder- und Jugendgesetzes (BbgKJG)

Das Land Brandenburg hat am 12.11.2023 den Entwurf für ein "Gesetz zum Schutz und zur Förderung von jungen Menschen und ihren Familien - Brandenburgisches Kinder- und Jugendgesetz (BbgKJG)" veröffentlicht. Der Entwurf enthält in §§ 50-53 BbgKJG Regelungen zu "Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe" (S. 35 ff.), zu denen das Bundesnetzwerk Ombudschaft im Rahmen der Verbändeanhörung Stellung genommen hat.

Zur Stellungnahme des BNO (PDF)

 

 

Presseerklärung zur Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten

Das Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe,  der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge,  der Kinder- und Jugendhilferechtsverein, die  Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen und der Sächsichen Flüchtlingsrat haben am 30.11.2023 eine gemeinsame Presseerklärung veröffentlicht. In dieser heißt es:

"Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) sind nach dem Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII) unterzubringen, sie haben den gleichen Anspruch auf Betreuung, Versorgung und Förderung wie alle anderen Kinder und Jugendlichen.

Der Handlungsdruck, adäquate Betreuung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete bereitzustellen ist groß und es braucht dringend Lösungen. Diese müssen jedoch in jedem Fall dem Kindeswohl entsprechen und sich innerhalb des Rahmens des SGB VIII bewegen!

Momentan sind allerdings vielerorts Entwicklungen zu beobachten, die dies missachten. Ein negatives Beispiel lieferte das Sächsische Ministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt im Erlass vom 28. September 2023 unter der Überschrift „zur Schaffung von Kapazitäten zur kindeswohlsichernden Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern“. Hier wird neben den in den vergangenen Monaten beinahe schon „üblichen“ (und deshalb nicht minder skandalösen!) Standardabsenkungen für die Zielgruppe der umF (Absenkung der räumlichen Standards, Betreuungsschlüssel, Fachkräftegebot), geregelt, dass männliche umF ab 16 Jahren in  Aufnahmeeinrichtungen für Erwachsene untergebracht werden können.

Diese Regelung entpricht keinesfalls dem Kindeswohl. Denn bei unbegleiteten Minderjährigen liegt schon allein aufgrund der Tatsache, dass sie unbegleitet und minderjährig sind, eine Kindeswohlgefährdung vor. [...] Es stellt eine ungerechtfertigte Zuschreibung dar, wenn bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten ab einer fiktiven Altersstufe oder wegen des Geschlechts, aufgrund der Eigenschaft als “unbegleitet”, “minderjährig” und “Flüchtlinge” eine geringere Schutzbedürftigkeit unterstellt wird. [...]"

Zur vollständigen Pressemitteilung (PDF)
 

Vergleiche auch: Gemeinsames Papier "Es ist 5 nach 12: Rechtsverletzungen bei umF"

Fachartikel zu rechtswidrig befristeter Hilfeplanung (JAmt 12/2023)

Der Berliner Rechtshilfefond Jugendhilfe e.V. (BRJ) hat einen Fachartikel in der Zeitschrift "Das Jugendamt" veröffentlicht (12/2023): "Kostenübernahmepflicht des Jugendamts für stationäre Erziehungshilfen bei rechtswidrig befristeter Hilfeplanung" .

BRJ: "Der Beitrag befasst sich mit der Frage der fehlenden Rechtmäßigkeit der Befristung von Bewilligungsbescheiden im Bereich der Hilfen zur Erziehung (HzE) sowie der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt (Hilfeplan, Leistungsbescheid, Kostenübernahmeerklärung) das Jugendamt im Einzelfall verpflichtet wird, die Kosten für eine in einer Hilfeplankonferenz festgestelle notwendige und geeignete HzE gem. §§ 27 ff. SGB VIII zu übernehmen."

BRJ, JAmt 12/2023, S. 554-559.

 

Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft veröffentlicht Hinweise zum Reformbedarf im Vormundschaftsrecht

Das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft hat Hinweise zum Reformbedarf im SGB VIII veröffentlicht:

"Kinderrechtsbasierte Vormundschaft ermöglichen! Reformbedarf im SGB VIII und Sicherung der Infrastruktur"

Mit der Veröffentlichung möchte das Bundesforum auf Weiterentwicklungsbedarf im Vormundschaftsrecht hinweisen und hebt dabei die folgenden Punkte hervor:

  • Die gesetzlichen Erwartungen an die Weiterentwicklung zu einer kinderrechtsbasierten Vormundschaft erfordern Veränderungen im SGB VIII.
  • Die angestrebte Förderung der nicht vom Jugendamt geführten Vormundschaften (ehrenamtliche,  Berufs- und Vereinsvormundschaften) muss strukturell abgesichert werden.
  • Die lange vernachlässigte Qualitätsentwicklung der Vormundschaft erfordert eine bundesweite Infrastruktur und Vernetzung, die einer verlässlichen Finanzierung bedarf.

Die Hinweise können hier abgerufen werden, weitere Informationen gibt es unter: https://vormundschaft.net/

 

 

Abschlussveranstaltung zum Beteiligungsprozess „Gemeinsam zum Ziel – Wir gestalten die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“

Das Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe (BNO) hat an der Abschlusskonferenz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) am 19.12.2023 teilgenommen und mit vielen weiteren Organisationen zum Thema "Aktive Beteiligung in der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe: Herausforderungen und Gelingensfaktoren" auf dem Podium diskutiert.

An den Abschluss des Beteiligungsprozesses, an dem Expert*innen aus Bund, Ländern und Kommunen, Fachverbänden der Kinder- und Jugendhilfe, Behinderten- und Gesundheitshilfe, aus Forschung und Wissenschaft sowie Selbstvertretungen teilgenommen hatten, schließt sich das Gesetzgebungsverfahren an.

Laut BMFSFJ sollen die gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe in dieser Legislaturperiode verabschiedet und der Umsetzungsprozess in der Praxis bis zum 1. Januar 2028 abgeschlossen werden.

Weitere Informationen sind auf der Homepage zum Beteiligungsprozess "Gemeinsam zum Ziel" sowie auf der Website des BMFSFJ zu finden.

Reaktionen auf das Urteil des VG Cottbus zur Haasenburg-Schließung

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23.11.2023, nach dem  der Entzug der Betriebserlaubnis für Heime der Haasenburg GmbH im Jahr 2013 rechtswidrig gewesen sei, hat Fassungslosigkeit, Empörung und eine breite Diskussion in Zivilgesellschaft, Politik und bei Betroffenen ausgelöst. Zum Hintergrund: Massive, durch die Untersuchungskommission belegte Missstände in den Haasenburg-Einrichtungen,  Freiheitsentzug, Isolation, sexueller Missbrauch, Misshandlungen, Körperverletzung durch Schutzbefohlene, rassistische Diskriminierung und mehrere Suizide, sowie die Einschätzung der Gutachterkommission, dass die Einrichtungen nicht reformierbar und eine latente Gefahr für das Kindeswohl seien, hatten damals letzllich zu dem Entzug der Betriebserlaubnis geführt. Vorangegangen war die Aufdeckung der Missstände und fachöffentlicher Druck, angestoßen durch die Initiative betroffener junger Menschen.

Die als Reaktion auf das Urteil entstandene Stellungnahme "Institutionellen Missbrauch in der Jugendhilfe aufarbeiten und überwinden – Kinderrechte in der stationären Kinder- und Jugendhilfe achten und verwirklichen" (veröffentlicht Aktionsbündnis gegen geschlossene Unterbringung und die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Kindheit und Jugend in der Partei DIE LINKE ) und die dazugehörige Petition, haben bereits mehrere hundert Unterzeichner*innen.

Aus der Politik gibt es die Forderung, einen bundesweiten Entschädigungsfonds einzurichten. Der Gründer der Betrof­fe­nen­gemein­schaft der ehemaligen Haasenburg-Kinder, Renzo Rafeal Martinez, äußerte sich in einem Gast-Kommentar:

"Dieses Urteil wird das Leben von Kindern, die aktuell noch in ähnlichen Heimen untergebracht sind, nachhaltig gefährden. Allein deswegen ist das Ministerium angehalten, unbedingt in Berufung zu gehen. Bei all dem drängt sich eine Frage zwingend auf: Wenn man der Haasenburg die Betriebserlaubnis nicht entziehen kann, welcher Einrichtung dann?"

Das Urteil des VG ist noch nicht veröffentlicht, das zuständige Ministerium will mögliche, rechtliche Schritte prüfen.

Vergleiche auch: Positionierung des BNO zu freiheitsentziehenden Maßnahmen & geschlossener Unterbringung in der Jugendhilfe

Evaluation und Bericht der Bundesregierung zu § 1631b Abs. 2 BGB (Genehmigungsvorbehalt bei freiheitsentziehenden Maßnahmen)

Mit dem Gesetz zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehaltes für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern wurde im Jahr 2017 die Vorschrift § 1631b BGB um Absatz 2 ergänzt. Dadurch sollte u.a. die Schutzbedürftigkeit des Kindes im Hinblick auf Freiheitsentziehungen besser berücksichtigt werden.

Das Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. (ZSH) hat das Gesetz im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) evaluiert und die Ergebnisse der Evaluation vorgelegt.

Gesetzgeberischer Handlungsbedarf wurde u.a. in den Bereichen der Aufgabenerweiterung der Verfahrensbeiständ*innen, Verbesserung der Beratung, Erweiterung der familiengerichtlichen Genehmigungspflichten auf weitere Maßnahmen sowie der Einführung von Regelungen zur verbindlichen Einhaltung von Gewaltschutzkonzepten in Einrichtungen gesehen.

Die Bundesregierung hat zu den Ergebnissen im "Untersuchungsbericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehalts für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern" Stellung genommen.

Weitere Informationen können dem Evaluationsbericht und dem Bericht der Bundesregierung entnommen werden.

 

Fallstudie "Sexueller Kindesmissbrauch und die Arbeit der Jugendämter "

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs hat die Fallstudie "Sexueller Kindesmissbrauch und die Arbeit der Jugendämter" vorgestellt, in der dazugehörigen Pressemitteilung heißt es:

"Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass in einigen Fällen Hilfe möglich gewesen wäre, aber ausgeblieben ist. Betroffene Kinder oder Jugendliche waren teilweise grundsätzlich bereit, sich einer Fachkraft des Jugendamtes anzuvertrauen. Es gelang aber nicht, das dafür notwenige Vertrauen aufzubauen: Dazu hätte es Einzelgespräche ohne die Eltern, einen geschützten Rahmen und mehr Zeit für Gespräche gebraucht. Zudem war für viele Betroffene das Jugendamt erst einmal mit Angst verbunden. Diese Ängste waren geprägt durch Medienberichte, durch das soziale Umfeld, aber auch durch Täter bzw. Täterinnen mit dem Ziel, bewusst eine Drohkulisse aufzubauen: Kinder würden aus den Familien genommen und sie kämen ins Heim, wenn sie mit dem Jugendamt sprechen.

Auch ein Mangel an fachlichen Kenntnissen war ausschlaggebend dafür, dass Fälle sexualisierter Gewalt nicht erkannt wurden und Kindern und Jugendlichen nicht geholfen wurde. Umfragen mit Fachkräften in Jugendämtern sowie aktuelle Fallanalysen deuten darauf hin, dass diese Probleme auch heute noch bestehen. Fachkräfte müssen kontinuierlich dazu befähigt werden, die Situation eines betroffenen Kindes zu erkennen und richtig einzuschätzen, um gegebenenfalls schützend eingreifen zu können."

Die Fallstudie kann hier heruntergeladen werden.

Veranstaltungshinweise
  • Fortbildungsveranstaltung „Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII – Zuständigkeiten, Rechtsansprüche, Durchsetzung und aktuelle Neuerungen“ des BRJ (Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V.)  am 22.02.2024 in Berlin; Teilnehmer*innen können sich per Mail (fortbildung@brj-berlin.de) bis zum 09.02.2024 anmelden. Weitere Informationen können der Homepage und dem Flyer zur Veranstaltung entnommen werden.

 

  • Fachforum: "Rechte junger Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe verwirklichen" der Ombudsstelle NOVA am 22.02.2024 in der Uni Hildesheim; Interessierte werden um Anmeldung bis zum 01.02.2024 gebeten. Die Veranstaltung ist kostenfrei. Siehe auch weitere Informationen und Programm.

 

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